1 jahr. 365 tage. unendliche erinnerungen.

Wir haben in Vollmondnächten gesegelt und an einsamen Felsen festgemacht. Sind dem Wind gefolgt und wurden von den Sternen zugedeckt. Haben mit neuen Freunden gelacht und beim Abschied geweint.

Waren auf den Gipfeln hoher Vulkane, in tiefen Schluchten und in warmen, bunten Ozeanen. In salzigen und staubigen Wüsten und im tropischem Regenwald. In unendlicher einsamer Weite und pulsierenden Metropolen.

Sind gesegelt, getaucht, gefahren, geklettert, gedümpelt, gesprungen, geschwommen, gewandert, getrieben, geflogen und von all den wunderbaren Menschen unterwegs und zuhause getragen worden.

Wir waren in Deutschland, Schweden, Estland, Finnland, Dänemark, Uruguay, Argentinien, Bolivien, Chile, Australien, Malaysia und Indonesien und haben uns immer und überall willkommen gefühlt.

Wir haben diskutiert und zugehört, geschlemmt und alles probiert, geplant und uns treiben lassen. Haben geschwitzt und gefroren. Und geholfen, aussterbende Tiere zu retten. Haben immer gut geschlafen und uns fast nie geärgert. Haben Augen, Geist und Herzen geöffnet und fahren so viel reicher nach Hause.

Wir haben einen Traum – unseren Traum – gelebt. Und er hat etwas mit uns gemacht.

Dankeschön, tack så mycket, aitäh, kiitos paljon, mange tack, muchas gracias, thank you so much, terima kashi an euch alle, die ihr uns begleitet, unterstützt, geholfen, ermuntert, beneidet habt. Es war für uns immer ein wundervolles Gefühl zu wissen, dass ihr dabei seid und vieles mit uns teilt.

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365 Tage Freiheit. Das Jahr unseres Lebens. Und irgendwo dahinten warten noch viele weitere Abenteuer auf uns…

teil zwei – das nehmen wir mit

Zurück in Hamburg machen wir eine kurze Reisepause. Hier ist es winterlich kalt, und wir freuen uns schon jetzt auf die Wärme unserer barefoot-Zeit.

Zuvor blicken wir noch einmal zurück. Was nehmen wir mit aus den letzten vier Monaten in Südamerika?

1. Die Chilenen sind organisiert und sauber. Die Argentinier sind chaotisch und unaufgeräumt. Das macht die Argentinier zu den interessanteren Menschen. Auch Charles Darwin hatte das schon entdeckt.

2. Es ist nicht die beste Idee Südamerika zu bereisen ohne spanisch zu sprechen.

3. Aber es funktioniert.

4. Wir haben wiederentdeckt, wie sehr wir das Reisen mit und das Leben in einem Wohnmobil lieben. Und planen bereits weitere Reisen.

5. Südamerika bietet atemberaubende Natur. Die Naturerlebnisse machen das Reisen hier einzigartig.

6. Die zahlreichen Reisebekanntschaften haben uns gezeigt, dass es viele und ganz unterschiedliche Wege gibt, seine Träume zu erfüllen.

7. Wir dachten, unsere Auszeit sei etwas ganz besonderes. Die Begegnungen in Südamerika haben gezeigt, daß das ganz und gar nicht so ist. 

8. Die tägliche Dusche wird überbewertet.

9. Es gibt Orte auf dieser Welt, an denen man nichts, rein gar nichts hört.

10. Auch nach acht Monaten 24/7 gehen wir zwei uns nicht auf die Nerven. Ganz im Gegenteil.

11. Südamerika ist laut: Laute Musik, laute Autos, Hundegebell Tag und Nacht. Selbst die Menschen sind laut. Manchmal sind wir davor geflohen.

12. Es gibt noch unendlich viel zu sehen in Südamerika. Wir müssen wiederkommen.

adios y muchas gracias

Das wars. Vier Monate durch Südamerika sind fast vorbei. Vier Monate voller Abenteuer, neuer Freundschaften, besonderer Momente, unglaublicher Natur, harmonischer Zweisamkeit, anstrengender Straßen und Pisten, uneingeschränkter Freiheit, fast 17.000 gefahrener Kilometer, unzähliger Eindrücke und noch so viel mehr.

Unsere letzte Woche mit dem Bus bringt uns in vier Etappen 1.500 Kilometer zurück nach Buenos Aires. Und endlich wird es richtig warm. Dummerweise geht die Wärme einher mit dem Ausfall unserer Klimaanlage, sodaß die Rückfahrt eine schwitzige Angelegenheit wird.

Wieder reiht sich ein schöner Übernachtungsplatz an den anderen, die Landschaft verändert sich jedoch komplett. Nach den letzten Wochen im kalten Regenwald fahren wir nun wieder durch trockene Regionen, die später in landwirtschaftlich genutzte Flächen übergehen. Felder mit Millionen blühender Sonnenblumen leuchten im Sonnenschein. Seen ermöglichen uns eine Abkühlung in der Mittagspause und erinnern uns mit ihrer vielseitigen Vogelwelt an unser Segelrevier, die Ostsee. An einem Tag sehen wir fünf Störche und drei Eulen.


Im Nationalpark Lihue Calel lernen wir Gabi und Jürgen aus Franken kennen und verquatschen einen herrlichen Abend.

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Der beeindruckende Landcruiser von Jürgen und Gabi

Auf unserem Platz 25 Kilometer nördlich von Buenos Aires beim Wohnmobilvermieter Cris gibt es wieder einmal einen unvergesslichen internationalen Overlander-Abend. Wir lernen Jenny und Gavin aus England kennen, die insgesamt zwei Jahre mit ihrem Landrover unterwegs sind und von denen wir schon viel gehört haben. Hinzu kommen noch Melanie und ihre Männer aus Ontario/Canada, die gerade erst losfahren. Wir werden ein wenig wehmütig…

Die restlichen Tage in Buenos Aires füllen wir mit der Vorbereitung der Übergabe unseres Busses. Die Reparatur der Klimaanlage klappt in einer Fachwerkstatt perfekt. Was uns allerdings viel Zeit kostet ist die Beseitigung all des Staubes aus dem Bus. Zwischendurch gönnen wir uns zwei letzte ruhige Tage im Flussdelta nördlich der Stadt.


Der Abschied vom Bus fällt uns schwer. Auch wenn er nie ein Familienmitglied werden sollte, so ist er uns doch in den letzten Monaten sehr ans Herz gewachsen. Wir haben es ihm mit den Routen nicht immer leicht gemacht. Dennoch hat er uns treu durch Wälder und Flüsse, über Schotter- und Sandwege und viele Berge hoch und runter gefahren. Das Leben in ihm war ganz leicht, denn er hat uns die grenzenlose Freiheit, die wir so lieben, ermöglicht.

Zu Beginn der Reise scheint uns die Zeit endlos. Jetzt fragen wir uns, wo sie geblieben ist. Wir haben viel gesehen, vieles aber auch nicht. Irgendwann kommen wir wieder. Es war eine aufregende Zeit mit einer guten Länge für uns. Nun sind wir bereit für Abenteuer Nummer drei!

 

wetterkapriolen

Wir wussten es vorher: Patagonien ist windig und kalt. Meistens. Trotzdem merken wir, dass das Wetter beginnt, uns zu nerven. Heiligabend und erster Weihnachtstag mit Dauerregen – ok, gegessen. Dann einige traumhafte Sonnentage bevor es wieder kalt und nass wird. Wir wachen morgens auf und sehen die umliegenden Berggipfel bedeckt mit einer Puderzuckerschicht. Es hat geschneit. Unser Atem kondensiert im Wohnmobil. Wir sind dankbar für unsere zuverlässige Heizung.

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Es hat geschneit oben auf den Bergen!

Leider befriedigt dieses Wetter mit vielen Wolken Andis Fotografenseele so gar nicht. Die Fotos sind ebenfalls grau und werden dieser traumhaften Natur nicht ansatzweise gerecht.

Aber zum Glück sind diese Wetterkapriolen immer nur ein ein- oder zweitägiges Intermezzo. Mit der Sonne kommen die Farben und Blicke zurück. Eine Fährfahrt bei strahlendem Sonnenschein erinnert an die Fjorde Norwegens. Wir lernen Gudrun und Christian aus Hamburg kennen und treffen unser Couchsurfer-Pärchen wieder, das wir vor einigen Tagen beim Trampen mitgenommen hatten. Es geht zurück nach Argentinien.

Silvester verbringen wir an einem wunderschönen und einsamen Platz am See, leider bei Sturm und Kälte. Der Blick auf den Vulkan Lanin bei wolkenlosem Himmel entschädigt uns bereits am kommenden Tag. Wir wandern an diesem schönen Ort und ziehen weiter zur Argentinischen Seenroute.

Die „Route de siete Lagos“ erwartet uns wieder mit Regen. Die Tagestemperatur liegt bei acht Grad. All die wunderbaren Blicke auf stahlblaue Gletscherseen und schneebedeckte Bergmassive bleiben uns verwehrt. Wie schade. Doch nach einer Nacht auf einem bezaubernden Campingplatz direkt am See werden wir von der Sonne geweckt. Und dieser Tag verwöhnt uns mit all den Blicken die wir uns so gewünscht haben. Traumhaftes Patagonien!

Es ist voll geworden, die Hochsaison hat direkt nach Neujahr begonnen. Plötzlich sind wir nicht mehr alleine auf den Campingplätzen und den Wanderwegen. Und das mit Abstand beliebteste Hobby hier ist das Angeln.

Trotzdem finden wir immer einen ungestörten Platz.dsc_1666

Patagonien macht uns den Abschied jetzt wirklich schwer. In zehn Tagen ist unsere Zeit in Südamerika abgelaufen. Langsam machen wir uns auf den Rückweg nach Buenos Aires. 1.600 Kilometer liegen vor uns. Wir freuen uns auf die Wärme, die uns dort erwartet. In Buenos Aires ist richtig Sommer!

es regnet, es ruckelt, es raucht

Am ersten Weihnachtstag sitzen wir bei Dauerregen nach dem Frühstück gemütlich im Bus. Vor uns ein wunderbarer Bergsee, rechts der Vulkan Osorno, dessen schneebedeckte Spitze wir auf Grund der dunklen Wolken nur erahnen können.

Plötzlich wackelt der Bus, sehr ungewohnt und heftig. Er pumpt in die Stoßdämpfer, und wir denken zuerst an einen Bären, der an unsere Vorräte will. In Chile gibt es jedoch gar keine Bären, aber häufig Erdbeben. Wir erleben gerade ein Beben, das etwa 200 Kilometer weiter südlich mit der Stärke 7,7 gemessen wird. Erst vor zwei Tagen waren wir in genau dem Ort, in Quellon auf Chiloé. Dort gibt es eine Tsunamiwarnung, die die Behörden später wieder zurücknehmen. Der Fährverkehr wird eingestellt, einige Straßen rutschen ab. Sonst passiert zum Glück nicht viel.

Hier in Chile leben die Menschen täglich mit der Gefahr von Erdbeben oder Vulkanausbrüchen. Unser Nachtplatz unterhalb des Vulkans Osorno ist zentimeterdick mit Vulkanasche bedeckt. Sie stammt vom Ausbruch des Calbuco im April 2014. Der Campingplatz ist seitdem geschlossen. Auf den Wanderwegen sackt man in der Vulkanasche ein wie an einem Sandstrand. Trotzdem nutzen wir die Regenpause an diesem Tag, um einen Trail in Richtung Vulkan Osorno zu gehen. Ein wenig öffnet sich die Wolkenschicht. Wir erahnen die Spitze, mehr leider nicht.

Chiloé ist eine ganz besondere Insel. Nach den spektakulären Blicken auf der Carretera Austral erwartet uns hier eine ruhige, hügelige Landschaft. Immer wieder regnet es, darum ist die Insel so grün. Die tief hängenden Wolken sorgen für eine mystische Stimmung. Wir besuchen die Pazifikküste ebenso wie die Ostküste, deren Fjordlandschaft an Norwegen erinnert. Und wieder einmal gibt es wunderschöne Übernachtungsplätze für uns.

Von Chiloé geht es weiter nördlich in die chilenische Seenlandschaft, nachdem wir hinter Valdivia ein letztes Mal am Pazifik waren. Und in der bunten Studentenstadt selbst besuchen wir einen Markt mit ganz besonderen Highlights.

Und nun stehen wir an einem der zahlreichen Seen und genießen diesen unglaublichen Blick auf den Vulkan Villarica. Die Sonne ist zurück. So sieht alles doppelt so schön aus. Das Wasser ist unglaublich blau, die Natur sprüht den Frühling. Die Wiesen sind voller Blumen und ein wenig erinnert uns diese Bilderbuchlandschaft an zuhause.
Ob wir uns deshalb so wohl fühlen?

 

Titelbild: Vulkan Villarica; Blick vom Campingplatz in Panguipulli

und mittags apfelpfannkuchen mit gletscherblick

Es ist so saftig grün, so satt und bunt und so feucht. Wir sind auf der Carretera Austral in Chile. Diese 1.200 Kilometer lange Straße in Patagonien wurde erst zur Zeit der Pinochet-Diktatur in den 1980er Jahren gebaut. Sie schließt den bis dahin abgetrennten Süden an den Rest des Landes an. Nur wenige Abschnitte der Strecke sind geteert, insgesamt leben 91.000 Menschen in dieser Region. Es regnet viel, fast täglich. Und die Natur ist dementsprechend üppig – sehr üppig.

Es gibt Regenwald, auch wenn in den 1940er Jahren 30.000 Quadratkilometer davon abgeholzt wurden. Das entspricht der Größe Nordrhein-Westfalens. Die Folgen sind unübersehbar. Auf den freigelegten Flächen wird heute Viezucht betrieben.

Die Carretera führt uns durch dichte Wälder, vorbei an tiefblauen Seen und wild schäumenden Flüssen, scharf eingeschnittenen Fjorden und schneebedeckten Gipfeln. Sie ist wohl Chiles schönste Route in die Einsamkeit. Wir klettern mit unserem Bus Berge hinauf und durchkreuzen Weidelandschaften, Sumpfgebiete und riesige Urwälder. Zu Fuß erobern wir Gletscher und Vulkane. Das erfordert viel Kondition, denn die Wege sind oft sehr steil und schwierig zu gehen. Immer werden wir mit fantastischen Blicken belohnt, manchmal sogar ganz ohne Wanderung.

Der Rharbaber ist hier meterhoch. Lupinenfelder in lila und rosa wechseln sich ab mit baumhohem Bambus und rosafarbenen Glockenblumen. Die Wiesen sind gespickt mit gelben Butterblumen. Endlich stehen wir mit dem Bus auf Grasflächen statt auf Staub. Und der Bus braucht nicht mehr täglich eine Grundreinigung im Innenraum.

Der Ort Chaiten ist unsere letzte Station an der Carretera. 2008 ist hier völlig überraschend der Vulkan Chaiten ausgebrochen und hat den ganzen Ort in Schutt und Asche gelegt. Noch heute bietet sich uns ein Bild der Verwüstung, auch wenn sich die Natur vieles schon zurückerobert hat. Die anstrengende Besteigung des Vulkans zeigt das ganze Ausmaß der Katastrophe.

Von Chaiten nehmen wir die Fähre auf die Insel Chiloe, wo uns wieder ein ganz anders Chile erwartet.

Mittlerweile hat die Ferienzeit eingesetzt. Nur noch selten haben wir einen Übernachtungsplatz für uns allein. Fast täglich verbringen wir den Abend mit anderen Reisenden und hören viele ungewöhnliche und besondere Lebensgeschichten (www.viaje.ch).

Ach ja, Weihnachten findet hier eher am Rande statt. Ein kleines Angebot an Süßigkeiten und Alkohol in den Supermärkten sowie ein wenig Deko lassen auf die bevorstehenden Festtage schließen. Mal sehen wo wir Weihnachten verbringen.

blown away

Vorgestern haben wir auf einer Wanderung ein Paar aus Utah kennen gelernt. Die zwei sind sechs Monate auf Reisen und haben in Alaska begonnen. „It blew us away“ kommentierte Chelsey ihre Zeit dort. Und genauso geht es uns, wenn wir an die vergangenen Tage am Gletscher Perito Moreno und an das Fitz Roy-Massiv in Patagonien denken. It really blew us away!

Der Perito Moreno Gletscher ist fünf Kilometer breit, zwischen 50 und 70 Meter hoch und 30 km lang. Jeden Tag schiebt er sich 2,2 Meter vorwärts. Das führt zu regelmäßigen, teilweise spektakulären Abbrüchen. Er kalbt täglich kleine Eisberge. Und ist der weltweit einzige Gletscher der nicht abschmilzt sondern wächst.

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Gletscher Perito Moreno
Das sind die Fakten – schon unglaublich genug. Aber dann standen wir davor. Uns stockte der Atem bei diesem Anblick. Je nach Sonneneinstrahlung leuchtet der Gletscher in einem gleißenden Eisblau. Immer wieder knallt, kracht und knirscht es irgendwo. Er ist ständig in Bewegung. Acht Stunden schauen wir, staunen und lauern auf den spektakulär großen Abbruch. Die Stücke, die vor unseren Augen abbrechen, sind „nur“ 20 bis 25 Meter hoch. Was für eine gewaltige Naturschönheit.

In El Calafate kommen wir zufällig in den ungeplanten Genuss eines kleinen Gaucho-Festivals mit diversen Wettbewerben. Wir sind beeindruckt, wie diese Jungs und Mädels mit ihren Pferden umgehen können. Chapeau!

Weiter geht es durch die patagonische Steppe zum Fitz Roy-Bergmassiv mit 3.441 Meter Höhe. Eine elf Kilometer Wanderung soll uns zum tollsten Aussichtspunkt bringen. Aber schon nach vier Kilometern am ersten Mirador wird klar, dass uns heute kein guter Blick mit blauem Himmel vergönnt ist. Es zieht sich zu, der Wind legt sich mal wieder richtig ins Zeug und es ist rattenkalt. Wir haben genug gesehen und kehren um. Auf das Wetter ist halt in Patagonien nie Verlass. „Four seasons in one day“ lautet das Motto. Langzeitreisende aus der Schweiz bestätigen uns, dass die Wetterkapriolen in diesem Jahr ganz besonders ausgeprägt sind. War ja klar…

Wir fahren weiter in Richtung Chile. Die lange Fahrerei wird durch idyllische Übernachtungsplätze belohnt.

Ganz besonders schön waren in den letzten Tage wieder einmal die zahlreichen Begegnungen mit anderen Reisenden. Wir haben Annika und Jonny aus der Schweiz wiedergetroffen und drei gemeinsame Tage rund um den Gletscher Perito Moreno verbracht. Ein Paar aus den Niederlanden mit großem Mercedes-Truck reist seit acht Jahren und hat viel zu erzählen. Auf dem Campingplatz in El Calafate sitzen wir am Abend zu acht um den Tisch und tauschen uns aus. Und auf dem Weg nach Chile treffen wir David aus Großbritannien, der uns mit seinem 4×4 Sprinter rauszieht, weil wir uns mal wieder im Sand festgefahren haben. Glück für uns in dieser menschenleeren Gegend am Lago Cardiel.

All diese Begegnungen, sowohl mit der Natur als auch mit den Menschen, machen das Reisen für uns immer wieder so besonders und erstrebenswert. Jeder hat seine ganz eigene interessante Geschichte. Und uns tut es gut, hin und wieder Abwechslung in unsere Zweisamkeit zu bringen. Unseren ersten Hochzeitstag am 10. Dezember genießen wir jedoch zu zweit :-).

hey, ab in den süden

Patagonien ist speziell. Wir hatten schlechte Straßen, niedrige Temperaturen, Wind und unendlich viel Grün mit diesem Landstrich verbunden. In den letzten Tagen werden wir eines besseren belehrt.

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Riesiges Patangonien

Patagonien ist riesengroß. Wir fahren hunderte von Kilometern, aber es ändert sich wenig: Gegend ohne Ende, Schafe, Guanacos und kaum Menschen. Bäume gibt es kaum, fast überall finden wir Steppe.

Abwechslung in dieses Landschaftsbild bringt lediglich die Atlantikküste. Es gibt viele herrliche, einsame Strände, Pinguin- und Seelöwenkolonien sowie den ein oder anderen netten Ort.


Wir suchen uns einsame Plätze, stehen fast immer wild und meistens ganz alleine. Nur wenn wir duschen oder Wäsche waschen müssen gehen wir auf Campingplätze. Hier treffen wir auch andere Traveller, manche gar zum wiederholten Mal. Mit etwas Glück gibt es aber auch an der ein oder anderen Tankstelle eine gute Dusche.

Unser Kurs durch dieses riesige Land geht gen Süden. Das hat den großen Vorteil, dass die Tage immer länger werden. Es ist erst gegen 22.30 Uhr dunkel. Während zuhause alle im Weihnachtsmarkt-, Plätzchenback- und Dekofieber sind, genießen wir die langen und oftmals warmen Tage hier ganz tief im Süden.

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Auch bei uns weihnachtet es ein wenig.

Es ist garnicht mehr weit bis zum Ende der Welt, Ushuaia. Aber die letzten 900 Kilometer sparen wir uns. Das ist uns einfach zu viel Fahrerei, auch wenn die Namen wie „Punta Delgada“ oder „Punta Arenas“ in unseren Ohren nach Abenteuer klingen. Vielleicht beim nächsten Mal… 🙂

Und so kommen wir unserem nächsten Highlight näher, dem Nationalpark Torres del Paine in Chile. Seit Andreas einen Beitrag darüber im Heute-Journal gesehen hat, träumt er vom Besuch dieses einzigartigen Bergmassivs im Süden Patagoniens. Es ist weit bis zum Torres, die Straßen teilweise gruselig. Und als wir endlich ankommen, ist von den spektakulären Bergen nichts zu sehen. Nebel und Regen – es ist zum heulen. Erinnerungen an unseren Indienurlaub vor zwei Jahren werden wach. Dort haben wir das Taj Mahal wegen Nebel nicht sehen können. Bitte nicht schon wieder!

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Torres del Paine – irgendwo sollen hier tolle Berge sein…

Vorbei an zahlreichen Aussichtspunkten mit Blick auf Gletscherseen, deren unglaubliche Farbe bei Sonnenlicht gut vorstellbar ist, kommen wir zu einem gut gelegenen Campingplatz. Dort treffen wir nicht nur Penny und Dane wieder – die zwei Canadier hatten wir in Bolivien kennen gelernt und einige Tage miteinander verbracht – vielmehr verziehen sich Wolkenbänke und Nebel und der Blick auf das Torres del Paine-Massiv wird frei!

Es ist ein Blick, den man nicht wieder hergegeben möchte, von dem man nicht genug bekommen kann und den man sicher nie vergisst. Es regnet noch immer ein wenig, aber egal. Bis zur Dunkelheit hält es uns hier.

Am nächsten Morgen ist es nur leicht bewölkt und wir wandern zu einem Aussichtspunkt mit tollem Blick auf das Massiv. Bis zum Mittag bleibt der Blick, dann zieht es sich wieder zu.


Den Rest des Tages verbringen wir an der Laguna Azul im Park. Leider hat der Ranger uns hier nicht übernachten lassen.


Wir sind glücklich und zufrieden diese besonderen Berge so erleben zu können. Weiter gehts zurück nach Argentinien zum nächsten Highlight. Und was für eins…

pause statt pausenlos

In den letzten sieben Wochen sind wir fast 10.000 Kilometer gefahren. Wir bemerken, dass wir ein wenig reisemüde sind und gönnen uns eine kleine Pause. Puerto Madryn ist dafür der richtige Ort. Am Atlantik gelegen hat es nicht nur einen riesigen und wunderschönen Strand, sondern pulsiert mit circa 90.000 Einwohnern und ist durch die Wale in der Bucht auch Touristenmagnet. Es gibt gemütliche Cafés, Seafood-Restaurants und sehr sehr gute Eisdielen.

Es ist Frühling hier im Norden Patagoniens. Die Bäume blühen, es duftet überall nach Oleander, Flieder, Jasmin, Rosen und frisch gemähtem Gras. Uns erreichen zahlreiche Fotos von Weihnachtsmärkten und Schneetreiben in Deutschland. Dadurch wird sehr klar, dass wir uns mit unseren Reisen für ein Jahr Frühling und Sommer entschieden haben. Wir finden es herrlich, nach wie vor in kurzer Hose, mit Flipflops und nur dünner Jacke unterwegs sein zu können. Manchmal weht jedoch auch ein starker Wind aus Süd und bringt kühle Luft aus der Antarktis mit sich. An anderen Tagen verkriechen wir uns in den Schatten, wenn die 30 Grad-Marke geknackt wird.

Wir lernen Ruben und seine fünf Frauen kennen, eine argentinische Familie, die hier lebt. Sie sind neugierig, fragen uns viele Dinge über Deutschland und laden uns zum Asado zu sich nach Hause ein. Es wird ein sehr lustiger Abend. Dank Google-Translater können wir uns „unterhalten“. Zwei seiner vier Töchter sprechen sogar ein wenig Englisch.

Nach dem Asado fahren wir gegen Mitternacht zum Aussichtspunkt mit herrlichem Blick. Alles ein wenig später hier. Gegessen wird zwischen 22.00 und 23.00 Uhr.

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Puerto Madryn bei Nacht
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Ein Teil unserer Gastfamilie.

Zwei Tage später wird die Tochter Dolores 18 Jahre alt. Argentinier feiern gerne. Es gibt ein großes Fest an einem Mittwochabend und wir sind eingeladen. Was für ein Erlebnis!

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Das Geburtstagskind Dolores

Ganz offensichtlich sind Ruben und seine Familie stolz darauf „los Alemanes“ zu Gast zu haben. Das Interesse an uns, an Deutschland, wie wir dort leben, was wir frühstücken, ob wir reich sind, was wir arbeiten, ob wir Kinder haben usw. ist riesengroß. Ein Freund des Geburtstagskindes spricht ganz gut Englisch, einige andere Gäste können auch ein paar Brocken, und so läuft die Kommunikation.

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Die Kommunikation läuft…

Wir erleben einen Abend, der vor Herzlichkeit, Freude, Miteinander, Familiensinn, Spaß und kulinarischen Genüssen kaum zu toppen ist. Es wird gemeinsam gesungen, viel gelacht, noch mehr gegessen und geredet. Alles läuft deutlich unkomplizierter ab als wir es kennen. Wenn die Getränke leer sind, fährt jemand zum Kiosk und holt neue. Vorratshaltung gibt es nicht. Besteck und Geschirr reichen irgendwie nicht für alle circa 25 Gäste. Egal, geht schon irgendwie. Und wir wundern uns darüber, dass es keinen Alkohol gibt.

Wir genießen unsere Pause hier sehr und stellen fest, dass wir für Begegnungen wie mit Rubens Familie länger an einem Ort bleiben müssen. Die Begegnung ermöglicht uns tiefere Einblicke in die argentinische Gesellschaft und löscht bei uns viele Fragezeichen der letzten Wochen. Eine schöne Erfahrung.

Beim Aufenthalt in Puerto Madryn diskutieren wir auch, welches Auto wir zukünftig in Deutschland fahren wollen. Wir beobachten die unterschiedlichsten Modelle und entwickeln eine Rangliste:

  1. Ein Pickup wäre cool! f5feec8090d41956de6629944931329a
  2. What about a Jimmy?bf199825_7e6e89
  3. Oder doch lieber wieder ein Mini?

Coole Karossen gibt es hier jedenfalls viele:

Das war eine sehr schöne Pause, die uns auch ermöglicht hat, uns um den Verkauf unseres Busses zu kümmern. Peter und Melike aus Berlin haben ihn gekauft und kommen im Januar mit ihrer kleinen Tochter Maja nach Südamerika. Sie werden hier drei Monate reisen.

 

Unsere Abenteuerlust kommt zurück. Wir wollen weiter. Im Süden Patagoniens und Chiles gibt es noch unendlich viel zu sehen. Auf gehts!