inselgeschichten

Die verrückten Ameisen

Yellow Crazy Ants – gelbe Spinnerameisen – wurden 1999 auf Christmas Island entdeckt. Seitdem sind mehrere große Ameisenkolonien (Supercolonies) entstanden, und ihre Zahl ist außer Kontrolle. Problematisch ist, dass diese Ameisen immer mehr rote Krabben töten, indem sie ihnen Ameisensäure in Augen, Mund und Gelenke sprühen. Um die Ameisenkolonien zukünftig kontrollieren und damit die für das gesamte Ökosystem der Insel so wichtigen roten Krabben erhalten zu können, wurde nach 10-jähriger Forschungsarbeit eine parasitäre Wespe aus Malaysia eingeführt. Wir haben daran mitgearbeitet diese Wespe zu züchten und innerhalb der Ameisenkolonien auszusetzen.

Ein weiteres Projekt des Nationalparks ist die Auswilderung der vom Aussterben bedrohten Echse „blue tailed skink“. Der Übergang vom derzeitigen eingesperrten Leben in die Freiheit erfolgt langsam. Das Gelände dafür wird derzeit vorbereitet, und wir haben einen Tag dort so richtig geschuftet in der brüllend heißen Sonne. Schade nur, dass wir die Auswilderung nicht mehr erleben werden. Sie ist für April geplant.

 

Die Phosphatmine – Hauptarbeitgeber auf Christmas Island

Der größte Arbeitgeber auf der Insel ist die Phosphatmine mit 150 direkten und weiteren 400 indirekten Jobs. Dieser Rohstoff wird nach Indonesien geschickt und dort als Dünger für die Produktion von Palmöl genutzt. Das Phosphat befindet sich im Boden. Für den Abbau muss der tropische Regenwald gefällt werden. Der Nationalpark kümmert sich nach dem Abbau um die Wiederaufforstung der genutzten Flächen.

Wir empfinden es als widersprüchlich, dass der australische Staat auf der einen Seite Millionen australischer Dollars investiert, um vom Aussterben bedrohte Tierarten zu erhalten, andererseits aber weiter Regenwälder abgeholzt werden. Ist das die gewünschte Balance, die in Bezug auf die Natur hier angestrebt wird?

Niemand weiß, wie lange die Mine der Insel noch erhalten bleibt. Irgendwie ist sie Fluch und Segen zugleich. Klar ist, dass der Rohstoff irgendwann zu Ende geht. Daher gilt es, sich neue Einnahmequellen zu erschließen, denn viele Bewohner wollen hier bleiben. Nichts liegt näher als der Tourismus. Erste Projekte sind geplant, aber es ist sicher noch ein langer und steiniger Weg, bevor nennenswerte Touristenzahlen auf Christmas Island erzielt werden. Wir finden es gut, dass wir das Eiland noch so unberührt erleben können.

Christmas Island und die Flüchtlinge

Ein weiteres, sehr politisches Thema auf der Insel sind die Flüchtlinge. Sie erreichen die Insel per Boot aus Indonesien. Viele von Ihnen kommen aus Syrien und Afghanistan – ähnlich wie bei uns. Es hat in den vergangenen Jahren bereits einige Bootsunfälle in schwerem Wetter vor der Insel gegeben, bei denen viele Flüchtlinge ums Leben gekommen sind. Inzwischen hat die Zahl abgenommen, aber es waren 4.000 Flüchtlinge auf der Insel. Anders als bei uns werden sie hier im sogenannten „Detention Center“ eingesperrt und leben wie in einem Gefängnis. Das Gelände befindet sich weit weg an der anderen Seite der Insel am Northwest-Point, und niemand darf es verlassen. Viele Flüchtlinge bleiben dort für ein oder zwei Jahre, manche auch deutlich länger. Wenn es dann weiter geht, werden sie auf weiter westlich liegende australische Inseln gebracht, die ihnen keinerlei Perspektiven bieten und auf denen sie wieder eingesperrt leben. Die australische Flüchtlingspolitik wird auch hier auf der Insel sehr kontrovers diskutiert. Leider können wir keine Fotos vom Detention Center zeigen, weil das Fotografieren dort verboten ist.

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Gedenktafel für Flüchtlingsopfer

Unbeschwertes Leben

Nach einigen Wochen auf der Insel ist uns eine entscheidende Sache klar geworden: Das Leben hier ist unbeschwerter und einfacher, als wir es kennen. Das hängt sicher mit der Mentalität der Australier und auch mit dem Klima zusammen. Und trotzdem ist es noch mehr und schwer zu beschreiben. Wenn ich beispielsweise daran denke, wie formell wir uns in unserem beruflichen Alltag begegnen. In den ganzen Wochen hier, egal ob im Job, bei der Bank oder sonst wo – nirgends ist mir etwas vergleichbares begegnet. Das heißt nicht, das hier alles Friede, Freude, Eierkuchen ist. Ganz und gar nicht. Das Miteinander im Job und die Unzulänglichkeiten unterscheiden sich nicht von dem, was wir kennen. Und trotzdem werden die Dinge weniger ernst genommen. Und die Freizeit hat einen wesentlich höheren Stellenwert als bei uns.

Das lockere und formlose Miteinander wird vielleicht auf dem Foto unseres erweiterten Projektteams nochmals deutlich.

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Apropos Freizeit: Unseren geplatzten Bootsausflug haben wir eine Woche später nachgeholt. Was für ein wundervoller Tag!

Letzten Sonntag haben wir noch einen Ausflug zum South Point gemacht. Dorthin gab es während des aktiven Minings im Süden der Insel mal eine Eisenbahnlinie. Der kleine ehemalige Ort wurde nach dem Ende der Aktivitäten wieder dem Erdboden gleichgemacht. Lediglich der ehemalige Bahnsteig incl. ein paar verbogener Schienen sowie ein chinesischer Tempel sind noch zu sehen. Ich empfinde diesen Ort als historisch hier auf der Insel. Und die Atmosphäre dort ist ganz besonders.

Zum Schluss noch ein paar Fotos von unserer Unterkunft hier auf der Insel. Wir haben es wirklich nett, allein in diesem großen Haus.

kein tag wie der andere

Zu Beginn unserer Zeit auf Christmas Island haben wir uns Gedanken darüber gemacht wie wir unseren Blog in den kommenden Wochen füllen sollen. Gibt es immer wieder etwas zu erzählen, wenn man mehrere Wochen an einem Ort ist? Die Antwort darauf ist ein eindeutiges „ja“. Wir haben das Gefühl, jeden Tag neue Geschichten erzählen zu können, so viel passiert hier in unserem Leben. Also fassen wir uns kurz und versuchen die Details ein wenig in den Hintergrund zu rücken.

Christmas Island – Schmelztiegel der Kulturen

Eine Besonderheit von Christmas Island ist, dass sich hier sehr unterschiedliche Kulturen in einer friedlichen Gemeinschaft zusammengefunden haben. Auf der Insel leben drei Gruppen: Chinesen, Malayen und Europäer. Wobei mit Europäern Australier gemeint sind oder vielmehr Menschen mit weißer Hautfarbe. Damit sind neben unterschiedlichen Hautfarben auch drei unterschiedliche Religionen vertreten.

Die folgenden Fotos zeigen ein paar Impressionen dieses Miteinanders, das einem überall auf der Insel begegnet.

Jede Gruppe hat ihre eigenen Traditionen, Feste und Feiertage. Gefeiert wird dennoch miteinander.

Wir hatten das Glück, das chinesische Neujahrsfest mitzuerleben. Auf einem Platz im Ort findet ein Lion Dance vor den Augen des chinesischen Botschafters statt. Nachdem der Spuk vorbei ist, gibt es für alle Anwesenden kostenloses Essen, was natürlich dankend angenommen wird. Schließlich gibt es seit Tagen keine frischen Produkte mehr zu kaufen, weil das Schiff aus Australien auf Grund des rauen Wetters nicht anlegen konnte. Danach ging es weiter mit Karaoke – Zeit für den Heimweg…

Man kennt sich – man hilft sich

Für uns ist es nach wie vor sehr ungewohnt, dass alle Haustüren offen sind und die Schlüssel in den Autos stecken. Niemand schließt ab. Für unser Haus gibt es auch gar keine Schlüssel mehr. Die hat wohl irgendein Volontär versehentlich mitgenommen. Laptop, Geld, Mobiltelefone und Papiere liegen in der Wohnung, und wir machen uns keine Sorgen. Was für ein schönes Gefühl nach den Erfahrungen in Südamerika.

Seit einigen Tagen haben wir ein Auto! Kollege Kent meint, er habe noch eines rumstehen und wir können es gerne so lange nutzen, wie wir wollen. Nach der Arbeit nimmt er uns mit zu sich nach Hause und übergibt uns ohne irgendwelche Ansagen seinen alten Toyota Pick-up-Truck, natürlich mit 4-wheel-drive. Mit dieser coolen Kiste ist unsere Unabhängigkeit nun grenzenlos. Vorher sind wir immer getrampt, was auf der Insel auch super klappt. In der Regel hält das erste Auto an. Aber mit eigenem Fahrzeug ist es natürlich noch viel besser.

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Das Wetter ist ruhiger geworden, und endlich war das Versorgungsschiff da. Es gibt wieder frische Waren zu kaufen. Jeden Tag nach der Arbeit gehen wir schwimmen und schnorcheln bei 29 Grad Wassertemperatur. Das Wasser ist traumhaft, die Korallen und vielen Fische wunderschön, das Klima einfach großartig. Dazu so gut wie kein Tourismus, viel Ruhe und Entspannung überall. Was für ein herrliches Leben auf diesem besonderen Flecken Erde. Es ist eindeutig, dass alle hier das Leben auf ihrer Insel sehr genießen.

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Badetag am Jetty
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Ausruhen nach langer Schnorcheltour

Glück gehabt

Am letzten Sonntag gehen wir früh um 7.00 Uhr mit Brendan auf eine Bootstour. Endlich die Insel vom Wasser sehen! Es ist nicht ganz einfach, sein Boot mit dem Trailer an der Bootsrampe ins Wasser zu befördern. Ist halt alles etwas beschwerlich hier. Es gibt keinen Hafen, die Bootsrampe ist steil und das Meer unruhig. Beim Reinlassen steigen drei recht hohe Wellen ein und wir starten mit viel Wasser im Boot. Die Lenzpumpe und ein schöpfender Andi beheben das Problem in wenigen Minuten. Doch dann piept es plötzlich und eine Kontrolllampe leuchtet. Da haben wir wohl doch zu viel Wasser genommen. Brendan beschließt, das Boot wieder rauszuholen um das Problem zu lösen.

Beim Versuch, das Boot auf den Trailer zu bringen erwischt uns eine sehr hohe Welle, die das Boot zur Seite auf die Steine drückt. Bei dieser Aktion gerät Brendan unter den Trailer und der Andi wird etwa fünf Meter über die Felsen gedrückt. Mit blutender Kopfwunde bei Brendan, einem aufgeschürften Rücken von Andi und der Hilfe eines herbeieilenden Tauchers gelingt es uns nach einiger Zeit, das Boot auf den Trailer zu bekommen. Das war kein Spaß. Brendan hatte offensichtlich eine Nahtoderfahrung und wird die ganzen kommenden Nächte von Albträumen geplagt. Andi ist weniger geschockt, fällt aber am Montag beim Job direkt von der Leiter aus etwa vier Meter Höhe und landet auf dem Rücken. Außer einem fetten Bluterguss ist zum Glück nichts passiert und der Andi gilt ab sofort als „the unbreakable German“. Jetzt reicht es aus mit dem Pech. Weiter gehts mit freudigen Ereignissen.

Jeden Tag was Neues

Montagabends verabschieden wir Volontärskollegin Karlina und genießen den Sonnenuntergang am einem wunderschönen Aussichtspunkt.

Mittwoch sind wir zum Abendessen bei Amy und Brendan eingeladen und treffen das Filmteam, dass gerade für den NDR einen Dokumentarfilm über die Krabben auf Christmas Island dreht. Wir sehen erste Sequenzen daraus und sind hingerissen.

Donnerstag haben wir frei und nutzen unser Auto für den Besuch weiterer Inselhighlights. Jeder, der uns entgegen kommt, grüßt. Ob das am Auto liegt?

Freitagabend geht es zum Sonnenuntergang zum Martin Point – zusammen mit Amy, Brendan und den Kids. Das komplette Abendessen wird mitgenommen. Auf dem Rückweg müssen wir höllisch aufpassen auf die Krabben, die über die Straßen wandern.

Mit jedem weiteren Tag auf der Insel lernen wir neue Leute kennen. Natürlich kennt jeder jeden, und dadurch entwickeln sich immer mehr Begegnungen, Gespräche und Möglichkeiten. Ich bemerke, dass ich mich in die Insel verliebe. Mich fasziniert das Leben hier. Die Australier sind so unkompliziert, das Wetter immer gleich toll, die Natur unbeschreiblich schön, der Job unerwartet interessant.

das team

Nach zwei Wochen Tätigkeit im Natural Resource Management Team des Nationalparks stellen wir heute unsere Kollegen vor.

Jede Woche beginnt mit einer Teambesprechung am Montagmorgen um 7.00 Uhr. Dabei geht es um alle denkbaren Themen rund um den Job. Wie ist der Stand der Dinge? Welche Probleme gibt es? Was ist gut gelaufen, was nicht? Welche Projekte stehen an? Wer macht was?

Dieser Termin erinnert mich zu 100 Prozent an mein Arbeitsleben. Offensichtlich ist es überall auf der Welt dasselbe: Es geht um Hierarchie, Geld und Autos:-).

Und auch bei der Arbeit selbst erkennen wir große Parallelen im Miteinander zu unseren Arbeitsalltagen zu Hause. Manche mögen sich, andere nicht. Es wird beobachtet, angeschwärzt, taktiert, geschleimt, manipuliert. Andererseits wird geholfen, begleitet, gefördert, bewundert, gepusht und gelacht. Also alles so wie immer im Job, egal wo man ist auf der Welt. So ist das eben, wenn ganz unterschiedliche Menschen miteinander arbeiten. Eine interessante Erfahrung.

dsc_2385Dion ist der Chef der Truppe. Er lebt seit zehn Jahren auf der Insel und glänzt mit breitem Wissen. Die meiste Zeit verbringt er im klimatisierten Büro und pflegt die Kontakte zum Mainland, also nach Australien. Schließlich sitzen in Canberra die Geldgeber. Nach Feierabend stürzt er sich mit seinem Surfbord gerne in die Wellen des indischen Ozeans. Dion verläßt die Insel Ende des Monats. Er hat gekündigt und einen neuen Job in einem Nationalpark südlich von Sydney. Am Samstag wird sein Ausstand gefeiert.

dsc_2393Brendan, ebenfalls seit zehn Jahren auf der Insel, haben wir bei unserem Urlaub in Kenia und Tansania vor fünf Jahren kennen gelernt. Er ist Ranger mit Leib uns Seele und kennt sich als „Bird-Nerd“ besonders gut mit Vögeln aus. Passion ist wohl das richtige Wort für seine Motivation. Er liebt die Natur und das Abenteuer über alles. Seit Januar arbeitet er allerdings nur noch zwei Tage die Woche und kümmert sich die anderen drei Tage um seine beiden Söhne. Dementsprechend arbeitet seine Frau Amy drei Tage die Woche als Lehrerin. Brendan hat ein Boot und will mit uns raus zum fischen.

dsc_2277Kent ist der Herrscher des Pink House und damit über die Zucht der Echsen. Er ist seit Ewigkeiten beim Nationalpark beschäftigt und weiß alles über die Tiere. Und: Er hat, nicht zu übersehen, einen hohen Coolnessfaktor. Mittwochs hat er mit zwei Freunden seine eigene Talkshow beim Inselradio – mit viel Bier und noch mehr Blödsinn. Wir verstehen wenig.

dsc_2110Renata ist seit etwa zwei Jahren dabei. Sie kümmert sich leidenschaftlich um die Tiere und ist als langjährige Inselbewohnerin extrem verbunden mit Christmas Island. Der Schutz von Tieren und Natur liegt ihr sehr am Herzen und beherrscht ihren Arbeitsalltag. Und sie ist sehr mutig und geradlinig und daher für jeden Job gut zu gebrauchen. Wir haben in den vergangenen zwei Wochen intensiv mit ihr zusammen gearbeitet. Abends gibt sie Yogastunden, und sie lebt in einem Haus mit wunderschönem Garten direkt am Meer.

dsc_2115Sean ist erst seit sieben Monaten auf der Insel und beim Nationalpark angestellt. Er hat vorher für die Minen im westlichen Australien gearbeitet. Seine ausgeprägte Hilfsbereitschaft erleichtert uns oftmals den Arbeitsalltag. Was er sonst so macht – keine Ahnung.

Karlina ist, wie wir, Volontärin im Nationalpark und kommt aus Cairns in Australien. Sie war bereits im September 2016 für zwei Wochen da und wollte unbedingt ein zweites Mal voluntieren, dieses Mal für drei Wochen. Momentan reist sie durch die Welt und versucht sich ein Geschäft aufzubauen. Dabei unterstützt und berät sie Menschen, die auf die Reise gehen wollen und Hilfe bei der Planung benötigen. (Homepage)

Wir fühlen uns sehr wohl in und mit diesem Team. Als Volontäre müssen wir uns nicht an Hierarchien orientieren und können daher unseren ganz eigenen Blick entwickeln. Wir stehen ganz am Anfang der „Nahrungskette“ und kümmern uns um die Umsetzung. Die Entscheidungen werden an anderer Stelle getroffen. Das ist ungewohnt für uns beide.

In den nächsten Tagen werden wir noch weitere Kollegen kennen lernen und in andere Projekte eingebunden. Es bleibt spannend.

Titelfoto:

(v.l.n.r.:) Dion, Tanja, Andi, Moni, Brendan, Kent, Sean, Jason, Karlina. Renata ist schon im Urlaub. Mehr zu Tanja und Jason erzählen wir beim nächsten Mal.

dschungelcamp

Wir sind Volontäre des National Parks of Australia. Mit Uniform – na ja, was man hier so nennt – und ausgestattet mit einem Kompass, Handschuhen, einem Erste-Hilfe-Kit, Moskitospray und Tabletten gegen Dehydration. Und für unsere tägliche Arbeit brauchen wir das komplette Equipment. Wir fühlen uns wie im Dschungelcamp!

Als Teammitglieder des Natural Resource Management Team beginnen wir mit der Pflege von Echsen, die vom Aussterben bedroht sind. Die Kollegen haben das Zuchtprogramm vor einigen Jahren mit den letzten 66 Exemplaren gestartet. Heute liegt die Zahl bei mehr als 1.000 Tieren. Die „blue tail skinks“ sind wunderschöne farbenprächtige Tiere mit Drachenkopf und einem leuchtend blauen Schwanz, und wir hätten nie gedacht, dass die Zucht so sensibel und arbeitsaufwendig ist. Jeden morgen überprüfen wir, ob neue Eier gelegt wurden. Die Tierbehausungen müssen gepflegt und gesäubert werden – sowohl die Terrarien mit den kleineren Exemplaren, als auch die Freiluftgehege mit den großen. Das kostet täglich viel Zeit.

Es ist für uns eine vollkommen neue Erfahrung mit so kleinen Tieren zu arbeiten und plötzlich mit derartigen Zuchtprogrammen konfrontiert zu sein. Wir diskutieren, für wie sinnvoll wir die umfangreiche Arbeit halten. Ist es wichtig, dass genau diese Echsenarten weiterhin auf der Welt vorhanden sind, wo es doch noch zahlreiche andere gibt, auch hier?

Und dann passieren auch ganz lustige Dinge. Als wir vorgestern durchgeschwitzt nach Hause kommen und nach einer Dusche lechzen bemerke ich beim Ausziehen, dass mir etwas über den Körper kriecht. Einer der Geckos, von denen wir heute 86 weitere gefangen haben, um sie zu zählen und ihre Behausung zu reinigen, hat es sich bei mir unter dem Uniformhemd gemütlich gemacht und ist mit nach Hause gefahren. Zum Glück konnten wir ihn fangen und am nächsten Morgen wieder mitnehmen.

Unsere Echsen wollen natürlich gefüttert werden, einerseits mit Termiten, andererseits mit Insekten. Beides besorgen wir uns „in the field“. Zum Insektenfangen fahren wir zu viert zum Flughafen. Mit einem Blinklicht auf dem Auto geht es immer wieder entlang der Startbahn, dann zurück mit vollen Gefäßen.

Gestern stand eine neue Aufgabe auf dem Plan. Zu viert haben wir 36 Kameras im Regenwald eingesammelt, die seit November die Bewegungen von wilden Katzen aufzeichnen. Die Suche mit dem GPS mitten im Regenwald über Stock und Stein war irre anstrengend.  Die Ranger vermuten mehr als 200 wilde Katzen auf der Insel, die angeblich alles fressen, was ihnen in den Weg kommt. Diese, ebenso wie die Schlangen, Ratten und giftigen Hundertfüßer alles von Einwanderern auf die Insel gebrachten Tiere, sind Grund dafür, dass die Echsen vom Aussterben bedroht sind. Ziel ist es, die wilden Katzen auszurotten. Um das zu erreichen bedarf es umfangreicher Forschungsarbeit. Die Kameras sind Teil davon.

Wir empfinden die Arbeit als interessant und besonders. Allerdings ist sie auch extrem anstrengend für uns. Zum einen schwitzen wir so stark, dass wir täglich frische Klamotten anziehen müssen, weil alles komplett durchgeschwitzt ist. Zum anderen sind wir diesen körperlichen Einsatz überhaupt nicht gewohnt. Wir sind den gesamten Arbeitstag auf den Beinen, bücken uns viel und sind Abends total erledigt. Ja und dann fällt es uns nach den letzten Monaten natürlich sehr schwer, fünf Tage die Woche arbeiten zu gehen…

Neben der täglichen Arbeit kümmern wir uns um unsere eigene Versorgung. Und das ist hier auf der Insel die bisher größte Herausforderung. Normalerweise kommt alle zwei Wochen ein Schiff aus Australien, dass frische Sachen wie Obst, Gemüse, Milch, Fleisch, Käse, Wurst etc. bringt. Diese Woche kann das Schiff nicht anlegen, weil eine starke Welle in die Bucht steht und der Kran zum Löschen der Ladung zudem kaputt ist. Also fährt es weiter nach Singapur und kommt frühesten in zehn Tagen zurück. Derzeit gibt es auf der Insel weder Kartoffeln, noch Eier, Milch, Gemüse etc. Der Rat unserer Kollegen: Buy what you can get!“ Die Restaurants haben noch Vorräte für maximal zwei Wochen. Gestern gab es plötzlich Tomaten und Kartoffeln sowie Zwiebeln und Salat bei unserem Supermarkt um die Ecke. Das haben wir natürlich genutzt. Auf dem Heimweg wurden wir auch gleich angesprochen: „Did you buy that at the Poon Saan Supermarket? Oh my god!“ Das ist für uns eine gänzlich neue Erfahrung. Bei uns gibt es immer fast alles zu kaufen. Und hier müssen wir plötzlich richtig gut planen.

Bei uns im Nationalparkhaus fühlen wir uns ganz wohl, nachdem wir ordentlich durchgeputz haben. Jeden Abend sitzen einige Geckos an unserem Fenster, und vor drei Tagen haben wir schon zum zweiten Mal einen im Kühlschrank gehabt. Zum Glück hat er überlebt! Manchmal kommt auch eine Kakalake vorbei, leider.

Nun warten wir nach viel Wind und Regen auf ruhigeres Wetter, damit wir in der Bucht schnorcheln können. Die Unterwasserwelt soll fantastisch sein.

one t-shirt a day

Wir sind angekommen. Angekommen in den Tropen, der Schwüle, unserer Barefoot-Station – auf Christmas Island. Die warme Luft schlägt uns wie ein nasses Handtuch um die Ohren. Jeden Tag brauchen wir mindestens ein frisches T-Shirt. Nachts wird es kaum kühler. Nur langsam gewöhnen wir uns an das Klima. Zum Glück hat unsere Unterkunft eine Klimaanlage, was uns gut schlafen läßt. Und die Terrasse mit Meerblick verwöhnt uns täglich mit einer frischen Brise. Hinzu kommt das gut ausgestattete 120 Quadratmeter Haus des Nationalparks, dass wir ganz alleine nutzen. Es könnte wirklich schlimmer sein.

Unsere Anreise auf diese kleine Insel mitten im Indischen Ozean gibt uns einen Vorgeschmack auf unsere Reisewochen nach Christmas Island. Wir planen, einige Zeit in Indonesien, dem bevölkerungsreichsten islamischen Land, zu verbringen. Die Übernachtung in Jakarta hat uns die Auswirkungen direkt spüren lassen: Abends, nachts um vier Uhr und morgens schallt der Muezzin durch die Boxen im Hotelflur und ruft zum Gebet. Und bei den Uhrzeiten unterschiedlicher Städte auf der Welt steht statt Paris Mekka.

Nach dem kurzen Aufenthalt im vollen, quirligen und lauten Jakarta ist Christmas Island eine Oase der Ruhe. Weniger als 2.000 Menschen leben auf der zu Australien gehörenden Insel, die am 25. Dezember 1643 von einem Seefahrer gesehen wurde und daher ihren Namen hat. Die Insulaner stammen aus China, Malaysia und Australien. Wir kommen am Chinese New Years Day an und starten mit zwei Feiertagen in unser Volunteering im Nationalpark. Perfekt um dem Jetlag ganz entspannt zu begegnen.

Und so gelingt es uns bereits in den ersten drei Tagen unseres Aufenthalts nahezu das gesamte Sightseeing-Programm zu absolvieren. Ist ja klein die Insel. Zu unserem Glück leihen uns Amy und Brendan, ein australisches Paar, das wir vor fünf Jahren in Kenia und Tansania kennen gelernt haben, ein Auto. Und sie versorgen uns mit Lebensmitteln. Auf Grund der Feiertage ist nämlich alles hier geschlossen. Als wir dann endlich dazu kommen, unsere Schränke mit Vorräten zu füllen, staunen wir nicht schlecht. Auf dem kleinen Eiland in the middle of nowhere sind die Preise horrende, teilweise astronomisch. Schließlich wird alles per Schiff oder Flugzeug aus dem weit entfernten Australien hergeschafft. So sind ein Apfel und eine Birne nicht unter einem Euro pro Stück zu bekommen. Absolutes Luxusgut sind Weintrauben zum Preis von etwa acht Euro pro Pfund (allerdings bereits mit braunen Stellen) oder ein Salatkopf für elf Euro. Hinzu kommt die schlechte Qualität der frischen Waren und die Tatsache, dass man sie nur selten bekommt.

Amy und Brendan leben bereits seit zehn Jahren auf der Insel und wissen, wo frisches Obst und Gemüse zu haben ist. Zwölf Kilo Bananen von der Staude aus dem eigenen Garten reifen bereits im Haus der beiden. In einigen Tagen bekommen wir eine Lieferung. Freunde von ihnen züchten Avocados, von denen wir ebenfalls profitieren. Und in unserem Garten wachsen Papayas, die hoffentlich bald reif werden.

Jeder Ausflug, den wir machen, hat auf Grund der hohen Luftfeuchtigkeit sowie der herrlichen Buchten einen Badestopp. Trotz einer Wassertemperatur von etwa 28 Grad, ist die Abkühlung willkommen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt länger als 30 Minuten am Stück im Meer gelegen habe, einfach so. Hier wird es schnell auch mal eine ganze Stunde im knietiefen Wasser in einer Traumbucht. Oder unter dem warmen Süßwasserstrahl eines Wasserfalls.

Am lustigsten sind die tausenden roter Krabben, die einem überall auf der Insel begegnen. Man weicht ihnen ständig aus mit dem Auto. Auch am Strand sind sie zu finden, ebenso im Urwald.

Ja, so also ist das Leben hier auf der Insel, wo wir die nächsten Wochen verbringen werden. Die Arbeit im Nationalpark startet, wir werden eingekleidet und bekommen eine Einführung. Und sind sehr gespannt, was uns erwartet…